Leni Valk

Lenis Leben (1933-1943)

Als Magdalena Valk erblickt die Tochter von Walter und Erna Valk am 28. September 1933 das Licht der Welt.

Erst zu ihrem 4. Geburtstag im Jahre 1937 wird  Leni  bewusst, dass sie „anders“ ist. Sie möchte so gerne in den Kindergarten gehen, doch eine Gocherin verhindert dies; sie will nicht, dass ihre Kinder mit jüdischen Kindern spielen.

Sie fühlt sich einsam, weil sie keine anderen Kinder zum Spielen hat, wenn sie mit ihrer Mutter den Gocher Stadtpark und den Schwanenteich besucht.

1938 ist es jüdischen Mietern nicht mehr erlaubt mit „Deutschen“ in einem Haus zu wohnen. Aus diesem Grund zieht Familie Valk zu Verwandten, die ein eigenes Haus in der Herzogenstraße 36 haben.

Hier erlebt Leni zusammen mit ihrer Mutter in der Nacht vom 9. auf den 10. November die „Reichspogromnacht“. Vom Fenster ihrer Wohnung muss sie mit ansehen, wie die Synagoge von Männern der SS angezündet wird und abbrennt. Feuerwehrmänner werden von den Männern der SS  am Löschen gehindert. An diesem Tag werden auch in Goch, wie überall in Deutschland,  die Geschäfte von Juden zerstört.

Am nächsten Morgen wird Lenis Vater ohne Grund verhaftet und kurze Zeit später  ins Konzentrationslager nach Dachau gebracht. Das ist das letzte Mal, dass die damals 5 – Jährige ihren Vater sieht.

Als am 13. November 1938, durch ein Gesetz verkündet wird, dass jüdische Kinder keine „deutschen“ Schulen mehr  besuchen dürfen, beschließt Frau Valk Leni zum Bruder ihres Mannes und seiner Familie nach Leeuwarden in die Niederlande zu schicken. Sie will, dass ihre Tochter sicher ist und eine normale Kindheit ohne Ausgrenzung, ohne Diskriminierung und ohne Bedrohung führen kann.

Schon im Dezember wird Leni von einem Bekannten ihrer Mutter zum Bahnhof nach Boxmeer gebracht, um von dort ihre Reise nach Leeuwarden zu starten.

Dort wohnt sie bei ihrem Onkel Isaak Valk und seiner Familie. Hier kann sie jetzt ein Kind unter anderen Kindern sein: sie darf auf den Spielplatz gehen, die Schule besuchen, im Winter Schlittschuhlaufen, ohne dass man ihr „Judenkind“ hinterherschreit. Lenis Herzenswunsch geht 1939 im Erfüllung: Sie wird eingeschult. Schnell lernt sie die niederländische Sprache und schreibt Briefe in Niederländisch an die Eltern in Goch.

Aber 1940, nach  dem Einmarsch der deutschen Truppen in die Niederlande, ändert sich alles. Auch hier gelten nun alle Verbote, die Juden schon in Deutschland ertragen müssen. Auch das Tragen des gelben Judensterns wird in Holland Pflicht. Es liegt die Vermutung nahe, dass auch Leni diesen Stern tragen musste, wenn sie das Haus verließ.

Im September 1941 muss Leni die allgemeine Schule verlassen und eine jüdische Schule besuchen.

Von der Deportation ihrer Eltern am 10. Dezember 1941 in das Lager Riga erfährt sie nichts.

Im Oktober 1942 erhält die Familie von Lenis Onkel die Aufforderung,  für jedes Familienmitglied einen Koffer zu packen und sich an einen bestimmten Sammelort zu begeben. Von dort aus  werden sie nach Westerbork gebracht.

Westerbork ist ein Sammellager für alle Juden der Niederlande, in dem sie einige Zeit verbringen, bis ihre Namen auf einer der Listen stehen und sie, so glauben sie, in ein Arbeitslager im Osten gebracht werden.  In Wahrheit kommen sie in ein Konzentrationslager, in dem sie umgebracht werden.

Mehr als 100.000 Menschen werden in den Jahren von 1942 bis 1944 von Westerbork mit insgesamt 93 Zügen deportiert. Jeden Dienstag fährt ein Zug mit 1000 Juden in ein Konzentrationslager im Osten.

Leni, ihr Onkel Isaak und ihre Tante Hertha werden am Dienstag, den 18. Mai 1943 mit dem Zug nach Sobibor gefahren. Diese Zugfahrt dauert drei Tage. In Viehwaggons, ohne Sitzmöglichkeit, werden jeweils 60-70 Menschen, auch Kinder, Alte und Kranke zusammengepfercht. Für diese lange Fahrt bekommen sie keine Nahrung, sondern für alle zusammen nur einen Eimer Wasser und einen Eimer für die Notdurft.

Direkt nach ihrer Ankunft im Vernichtungslager Sobibor, werden Leni, ihre Tante und ihr Onkel am 21. Mai 1943, ermordet.

Die Eltern erfahren erst nach ihrer Rückkehr aus dem Konzentrationslager vom Tod ihrer in Sicherheit geglaubten Tochter.